Mieten oder kaufen? Viele Menschen mit eher kleinem Einkommen sind davon überzeugt, dass Sie für eine Immobilienfinanzierung nicht in Frage kommen. Doch die Banken sehen auch bei geringem Verdienst durchaus Möglichkeiten. Andreas Kunert, Verband Deutscher Pfandbriefmarken, analysiert für Banken Märkte, bewertet Immobilien und ist mit der Innensicht der Banken auf die Kreditvergabe vertraut. Im Interview spricht er darüber, was sich Geringverdiener leisten können, ob die Sorge über eine Immobilienblase berechtigt ist und dass gerade jetzt ein guter Zeitpunkt für den Verkauf der Immobilie ist. Ein Interview mit Andreas Kunert, Director Research bei der vdpResearch GmbH.
Von Julia Ceitlina
Können sich auch Geringverdiener den Wunsch nach den eigenen vier Wänden verwirklichen?
Andreas Kunert: Prinzipiell ist es für jeden möglich, eine Eigentumsimmobilie zu erwerben. Das Objekt darf halt nicht zu groß sein und muss dem Einkommen entsprechen. Man hat grundsätzlich immer die Möglichkeit zu sagen: Das Geld, was ich monatlich zur Miete zahle kann ich auch zum Finanzieren von meinem Kredit verwenden. Da wird die Bank auch nicht Nein sagen.
Die Nachfrage nach Wohnraum ist gestiegen, die Einkommen der Haushalte sind aber gleich geblieben. Welchen Einfluss hat das auf die Kreditvergabe?
In einer aktuellen Studie hat die vdp Research analysiert, dass zuletzt die Preise für selbst genutztes Wohneigentum stärker gestiegen sind, als die verfügbaren Einkommen der Haushalte. Zusammen mit den seit gut zwei Jahren fast gleichbleibenden niedrigen Kreditzinsen führt dies zu einer wieder ansteigenden Kreditbelastungsquote, die aber im langfristigen Vergleich nicht besorgniserregend ist. Anhand der Belastungsquote kann man berechnen, wie hoch die monatliche Rate sein soll und ob man sie sich auch leisten kann.
Wie wird festgestellt, ob ein Kunde sich eine Immobilie leisten kann?
Letztendlich bestimmt die Höhe des Eigenkapitals die Darlehenssumme und somit die Belastungsquote. Die monatliche Rate darf nicht zu hoch sein, daher muss man als Geringverdiener möglichst über Eigenkapital verfügen. Weiterhin ist wichtig, dass sich der Kreditnehmer in einer stabilen beruflichen Situation befindet und somit sicherstellen kann, dass die Raten beglichen werden können. Es gibt aber wegen des Zinstiefs auch 0%-Finanzierungen. Da wird dann kein Eigenkapital verlangt. Die Zinsen sind jedoch deutlich höher.
Es gibt viele Sichtweisen, den richtigen Wert einer Immobilie zu ermitteln. Sie haben als Dienstleister ja eher die Bankerbrille auf. Erscheint eine Immobilie in Ihren Augen nicht immer wie eine Hütte statt eines glanzvollen Hauses?
Es ist ja üblich, dass der Käufer die Hüttensicht hat, während der Verkäufer die Palastsicht vertritt. Die Aufgabe des Bänkers ist es, in diesem Fall die goldene Mitte zu finden, nämlich den Wert der Immobilie, der auch bei starken Marktbewegungen ein realistischer Mittelwert ist. Wir müssen Abstand nehmen von den subjektiven Meinungen der Marktteilnehmer. Das ist eine Zwischenposition quasi zwischen Palast und Hütte.
Es gibt ja derzeit eine große Kluft zwischen dem angenommenen Wert und dem eigentlichen Marktpreis der Immobilien. Daher befürchten Skeptiker eine Immobilienblase. Befinden wir uns wirklich noch im sicheren Bereich?
In großen Märkten wie in den Top7 Metropolen Deutschlands, also den Großstädten, kann man schon sagen, dass die Preise eine kleine Blasenbildung bereitstellen. Hier gilt es für die Banken, wachsam zu bleiben und bei der Kreditvergabe genau hinzuschauen. Wir warnen Banken, indem wir die Preisentwicklungen beobachten und Werte liefern, wie beispielsweise das aktuelle Preis/Miete Verhältnis oder Kennzahlen, die das Verhältnis von Einkommen und Kaufpreis aufzeigen. Aber wir befinden uns im Gegensatz zur USA noch auf sicherem Terrain.
Wenn die Preise gerade hoch sind, wäre sicher jetzt der richtige Zeitpunkt eine Immobilien zu verkaufen, oder?
Der Zeitpunkt ist gerade günstig. Allerdings spekulieren viele darauf, dass die Preise noch weiter steigen werden und es sich daher eher lohnt die Immobilie noch später zu verkaufen. Wenn man vor zehn Jahren gekauft hat, hat man heute einen ziemlich hohen Gewinn.